Wissen und Wohlstand machen Märkte moralischer
In einem Interview mit der Wirtschaftswoche erklärt der Kulturwissenschaftler Nico Stehr, wie ein gestiegener Wohlstand und mehr Wissen die Märkte von heute moralischer machen. Im gegenwärtigen Trend zu dieser Moralisierung sieht Stehr keinen grundsätzlichen Wandel der Marktwirtschaft, denn deren Prinzipien würden nicht verändert und die kapitalistischen Rahmenbedingungen nicht angetastet. Neu hingegen sei, dass der Trend von den Konsumenten gesteuert werde. Steht betrachtet die Globalisierung als entscheidenden Motor für diese neue Perspektive, da durch die immer enger werdenden globalen Handelsbeziehungen bei den Konsumenten das Gefühl entstehe, verantwortlich zu sein: "Es gibt zwei Voraussetzungen für den Trend: erstens der historisch einmalige Anstieg des durchschnittlichen Wohlstands der Gesellschaft: Viele können es sich heute leisten, ethisch zu handeln. Zweitens der historisch einmalig gestiegene Bildungsstand der Bevölkerung: Früher war der Kunde Analphabet - und für die Produzenten Mittel zum Zweck. Heute ist er aufgeklärt - und bestimmt die Zwecke und Ziele der Produzenten."
"Genuss und Gewissen", WiWo 19.9.2007