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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Wie gefühlte Bedrohungen anderes verschleiern

Die Verschwörungsszenarien rund um Corona verbreiten sich immer mehr im öffentlichen Raum. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass wir solche Psychodynamiken nicht zum ersten Mal erleben. Auf Spiegel online beschreibt beispielsweise der Psychoanalytiker Hans-Jürgen Wirth viele Parallelen, die vor wenigen Jahrzehnten auch die Reaktionen auf Aids geprägt haben. Besonders interessant an seinen Betrachtungen finde ich, was er darüber schreibt, wie die Fokussierung auf die äußere Bedrohungen (heute: Corona) von anderen Konflikten ablenkt. "Die Projektion der eigenen inneren beziehungsweise internen Konflikte auf Außenfeinde entlastet Individuen, Familien, größere und kleinere Gruppen oder auch ganze Gesellschaften von internen Spannungen. An der eingebildeten äußeren Bedrohung kann man die Aggressionen festmachen und abführen, die sonst als interne Konflikte aufbrechen würden", schreibt er. Wenn Menschen ihre ganze Kraft darauf konzentrieren, Virologen als vermeintliche Lügner zu entlarven oder der Politik geradezu Putchversuche unterstellen, wird ihnen wahrscheinlich gar nicht bewusst, dass ihr Unbehagen und ihre Ängste vielleicht gute Gründe haben, sie sich aber in falschen oder eingebildeten Ursachen verbeißen. Dass ganze Bevölkerungsgruppen sich von der Politik nicht ernst genommen und nicht angemessen vertreten fühlen, ist so neu nicht. Und das wachsende Ungerechtigkeitsempfinden vieler Menschen ist beispielsweise längst durch viele wissenschaftliche Studien belegt. Was aber hilft es, nicht einfach das zu beklagen, was beklagenswert ist (wie prekäre Beschäftigung, eine chronische Unterbezahlung in Pflegeberufen, die unterschiedliche Chancengleichheit), sondern von Phantasien genährte Schauplätze der Auseinandersetzung zu eröffnen? Realitätssinn hilft - vor allem dabei, reale Probleme wirklich anzugehen.
Aids und Corona: "Die Ängste vieler Menschen sind erstaunlich ähnlich", spiegel.de 31.5.20

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