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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Wie die (Selbst-)Isolation sich ins Leben schleicht

In den letzten Monaten wurde viel darüber diskutiert, wie die Pandemie-Bedingungen uns gesellschaftlich wie individuell immer mehr in eine Isolation treiben. Dabei gerät ein bisschen aus dem Blick, dass wir auch ohne diese Restriktionen von außen anscheinend kulturell mehr und mehr dazu neigen, unsere persönliche Primärsphäre als Schutzraum zu betrachten. Rückzug ins Eigene scheint vielen Menschen - ist das unserem wachsenden Individualismus geschuldet? - immer mehr zu einem zentralen Bedürfnis zu werden. Neulich las ich einen Beitrag über die Veränderungen, die das Zusammenleben in Studentenwohnheimen betrifft. Das Studienwerk Mannheim hatte eine Unterkunft für Studierende renoviert und dabei die Küche, einst der soziale Raum schlechthin in Studenten-WGs, aber auch Familien, völlig umgestaltet. Alle Schränke und selbst die Kühlschrankfächer waren nun nicht mehr Gemeingut, sondern den Bewohnenden individuell zugeteilt. Das veränderte nicht nur die Atmosphäre, der Aufteilung fielen auch zuvor gemeinsam genutzte Flächen zum Opfer. Das mag eine banale Veränderung sein, doch der Kolumne war zu entnehmen, dass sich das Lebensgefühl in dem Wohnheim dadurch deutlich veränderte. Nun wirkte die Küche nicht mehr wie ein gemeinsamer Raum, sondern wurde zur Ansammlung privater Ecken. Das Studierendenwerk hatte gute Gründe für die Veränderungen, denn immer mehr Studierende wünschten sich in einer Umfrage mehr Privatsphäre. Dass der Alltag mit den Mitbewohnenden sich dadurch entzweit, nahmen sie anscheinend in Kauf. Eine Frage ist allerdings, ob wir wirklich wollen, dass auf diese Weise immer mehr soziale Bereiche in rein persönliche Räume zerfallen. Denn das trägt natürlich auch zu sozialer Isolation bei, und zwar zu einer, die nicht unbedingt notwendig wäre. Und diese Lebenserfahrungen wirken natürlich im Erwachsenenalter weiter. Was bedeutet das dann für uns als Gesellschaft im Ganzen?
Mein Kühlschrank, mein Skript, mein Leben, FAZ 3.12.21

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