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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Wenn das Home Office zur Isolationsfalle wird

Viele Menschen schätzen die Arbeit im Home Office - weil ihnen längere Arbeitswege erspart bleiben, aber auch, weil sie das Gefühl haben, ohne ständige Störungen durch die lieben Kolleg*innen produktiver zu arbeiten. Andere vermissen letzteres, weil sie diese persönlichen Kontakte vermissen. In einem Interview mit dem Harvard Business Manager warnt die Psychologin Antje Flade davor, dass das Home Office leicht zu einem Ort der Isolation werden könne. "Eine länger dauernde Verlagerung vom Büro ins Homeoffice ist aus psychologischer Sicht problematisch: Man bekommt weniger Anregungen aus der realen Außenwelt, der soziale Austausch ist reduziert, die raumzeitliche Ordnung des Wohnalltags wird überstrapaziert, und die Wohnung verliert ihre erholende Wirkung. Der Mensch stößt im Außenraum auf Fragen, die ihm sonst nicht in den Sinn gekommen wären und die ihn motivieren, sich mit weniger Ich-bezogenen Themen zu befassen. Der Erfahrungshorizont wird erweitert, das Umweltwissen vermehrt. Das Homeoffice ist im Vergleich dazu ein reizarmer Ausschnitt der Lebenswelt." Für mich klingt das fast ein wenig nach Ego-Falle und selbstinduzierter Filterblase. Und da ist natürlich etwas dran, denn man mag das Arbeiten zu Hause zwar als einen Ausdruck von Selbstwirksamkeit empfinden, aber gleichzeitig ist da auch nicht mehr als das eigene Selbst anwesend. Und in einer Kultur, die ohnehin dazu neigt, die Gemeinschaftlichkeit mehr und mehr zu vernachlässigen, kann das natürlich langfristig auch im Hinblick auf unser soziales Zusammensein insgesamt Auswirkungen haben. Flade kritisiert denn auch: "Die Vorstellung, dass das Homeoffice und seine Unabhängigkeit von festen Arbeitszeiten als Gewinn an Freiheit und Selbstbestimmung zu bewerten ist, beruht allzu sehr auf dem Trend in Richtung einer Individualisierung der Gesellschaft, die den Menschen auf die Daseinsform eines örtlich und sozial ungebundenen Einzelwesens reduziert." Gleichzeitig sollten wir aber vielleicht auch mehr darüber nachdenken, dass wir heute vor die Arbeitssphäre als primären Raum sozialer Kontakte betrachten - weil wir dort die meiste Zeit verbringen. Wir könnten ja auch damit beginnen, das hier beschriebene Problem von dieser Seite aus zu lösen - weniger Arbeit, mehr Raum für soziale Beziehungen ...
Ein reizarmer Ausschnitt der Lebenswelt, HBM 17.8.20

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Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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