Stress-Test für die menschliche Zivilisation
Während wohl die meisten Menschen zur Zeit in Gedanken vor allem damit beschäftigt sind, wie und wann wir die Corona-Krise am besten überwinden, wagt der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen bereits einen Blick in die Zukunft. "Die Coronakrise wirkt derart transformativ, weil sie zu den menschlichen Angstreflexen und Wahrnehmungsmustern passt. Sie handelt ganz direkt von der Gefahr für das eigene Leben und das der Nächsten, nicht primär vom Überleben der anderen oder der menschlichen Spezies insgesamt", erklärt er das Phänomen, das gegenwärtig weltweit die Menschen an einem Strang zu ziehen scheinen. Aufgrund der besonderen Betroffenheitskonstellation - wir alle, gleich wer wir sind und wo wir uns aufhalten, können dem Virus nicht entfliehen - sieht er gegenwärtig eine große Wandlungsbereitschaft der globalen Bevölkerung. Und doch ist er skeptisch, daraus weitere positive Zukunftsszenarien abzuleiten. Für ihn sind "kognitiv weniger leicht zu verarbeitende Krisen mit noch größeren Risiken wie der menschengemachte Klimawandel der eigentliche Testfall moderner Gesellschaften". Er fragt: "Werden Menschen ihr Vorstellungsvermögen so radikal erweitern und ihre prognostische und systemische Intelligenz derart schulen, dass sie irgendwann unabhängig von der kurzfristigen persönlichen Gefährdung agieren?" Mit Blick auf den Klimawandel ist das die große Frage. Wir mögen Wege finden, die Corona-Pandemie irgendwie in den Griff zu bekommen. Aber tun wir dies in einer Haltung, die nur darauf wartet, sich dann wieder in die von zuvor gewohnte Normalität zurückzulehnen? Oder sind wir bereit, aus den Erfahrungen der Corona-Zeit lernend auch im Hinblick auf all die anderen großen zivilisatorischen Fragen Neuland zu beschreiten?
Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen erklärt, warum wir so rasant aus der Krise lernen, 28.3.20