Spiritualität - Erleuchtung oder Narzissmus?
Durch den Mindfulness-Trend nimmt Spirituelles in der Alltagswelt heute allzu leicht inflationäre Züge an. Für viele Menschen werden Achtsamkeit und Meditation durch die Hintertür zu einem Booster für das eigene Ego. Die Psychologie nennt das Phänomen spirituelle Selbstaufwertung. Eine Studie, die Yoga-Übende und Meditierende über einen längeren Zeitraum jeweils nach Ausübung ihrer Praxis befragte, zeigt: Häufig steht die Bedeutsamkeit, die Übende ihrer Praxis beimessen, im Zusammenhang mit Selbstaufwertung, die wiederum zu Wohlbefinden führt. Ein tückischer Zusammenhang. Bei Übenden, die explizit spirituell interessiert waren und nicht nur aus Gründen des Wohlbefindens praktizierten, stießen die Forscher auf Neigungen zu spirituellem Narzissmus. Ihr ernüchterndes Fazit: "Das Motiv der Selbstaufwertung ist so mächtig, dass es Methoden vereinnahmt und für sich nutzen kann, die eigentlich das Ego transzendieren sollen."
Spiritualität auf Abwegen, Spektrum.de 17.12.21