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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Sind Sie ein Aspirin-Meditierer?

Man könnte Andy Puddicombe, Begründer der Meditations-App Headspace, als so etwas wie den Rockstar unter den Meditierern betrachten. Er war einer der ersten, die vor einigen Jahren erkannten, dass Meditation auch auf dem Smartphone funktionieren könnte. Seit einiger Zeit ist Headspace auch auf Deutsch erhältlich und hat hierzulande bereits eine Million User. Insgesamt nutzen mehr als 40 Millionen die App. In einem Interview mit der FAZ erzählt Puddicombe, wie er vor vielen Jahren selbst zum Meditieren kam. Einige traumatische Lebensereignisse waren für ihn der Anlass. Auch in den User-Gruppen von Headspace beobachtet er dieses Phänomen - Menschen haben die App zwar auf dem Handy, nutzen sie aber eigentlich nicht. Und irgendwann kommt dann der Tag, an dem etwas geschieht und sie merken, dass etwas innere Ruhe vielleicht helfen könnte. Puddicombe nennt sie die Lebensereignis-Meditierer. Dann gibt es da noch die Vitamin-User, die tendenziell regelmäßig ihre Übungen machen, damit erst gar kein Stress aufkommt. Und dann wären da noch die Aspirin-User - wenn's im Alltag knirscht, wird einige Male meditiert, doch sobald sich die Lage wieder beruhigt, bleibt das App-Icon nette Dekoration auf dem Display. Puddicombe ist ein Wanderer zwischen den Welten. Als jemand, der viele Jahre sehr intensiv meditiert, ist ihm die Tiefe der Meditation vertraut und auch ihr spiritueller Kontext. Er versucht, diese Ressource für moderne Lebensverhältnisse zu adaptieren. So haben seine Anfänger-Übungen eine Länge von maximal zehn Minuten - denn wenn sie länger dauern, schlafen die User nur ein. Ich bin bei solchen Beispielen immer ein wenig hin- und hergerissen. Ich finde seine Arbeit toll, weil er einen breitentauglichen Zugang zur Meditation entwickelt. Und gleichzeitig tragen Apps mit ihren spielerischen Ansätzen nicht unbedingt dazu bei, dass Menschen sich auf das tiefere Wesen des Meditierens wirklich einlassen. Denn kleine Übungshäppchen fordern uns nur bedingt heraus - und lassen uns so auch nur bedingt lernen. Ist vielleicht wie beim Marathonlaufen. Wenn ich es gewohnt bin, nur ein paar Kilometer zu laufen, wird mich die Langstrecke überfordern. Aber ich kann mich nur an sie heranhangeln, wenn ich die Übungsdosis erhöhe. Beim Meditieren gibt es zwar nie etwas zu erreichen. Ja, nie! Aber intensiveres Meditieren legt viel mehr Schichten unseres Menschseins frei. Und irgendwo da draußen fängt so etwas wie innere Freiheit an.
"Meditation ist nicht Nichtstun", FAZ 4.5.19

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Buch-Tipps
Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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