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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Politische Konstruktion von Wirklichkeit

Der neue Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hat bereits im Vorfeld seines Erscheinens wieder einmal für Wirbel gesorgt. Wer glaubt, es handelt sich bei der Veröffentlichung um einen wissenschaftlichen Bericht, irrt, denn in den Abstimmungsprozessen zwischen den Parteien wurden verschiedene Passagen, die viel über die politische und wirtschaftliche Lage in Deutschland aussagen, herausredigiert. In einer Zeit, die immer öfter als "postfaktisch" bezeichnet wird, wird das zum Problem. Es gibt viele Studien, die zeigen, die Sorgen um das Reichtumsgefälle in Deutschland seien übertrieben - und wahrscheinlich genauso viele, die mit Zahlen das Gegenteil belegen. Die Bundesregierung hat sich einmal mehr dafür entschieden, die Bandbreite im Dazwischen nicht ernst zu nehmen und die komplexe Wirklichkeit zu lektorieren. Ein Hinweis, dass politische Änderungen sich insbesondere dann leichter umsetzen lassen, wenn sie von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt werden, wurde gestrichen. Ähnlich erging es der Erkenntnis, dass hohe Ungleichheit das Wirtschaftswachstum dämpfe. Im veröffentlichten Bericht heißt es nun, solche Zusammenhänge seien empirisch nicht eindeutig belegt. "Seine aufklärerische Funktion hat der neue Armuts- und Reichtumsbericht also durch die subtile Opposition der Union gegenüber solchen Aussagen des Ursprungsentwurfs weitgehend eingebüßt. Dass die soziale Ungleichheit nicht bloß den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedroht, sondern auch eine Gefahr für die Demokratie bildet, will ein maßgeblicher Teil der Regierungskoalition gar nicht hören", so der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Christoph Butterwegge in Deutschlandradio Kultur. Es ist gefährlich, wenn gewählte politische Amtsträger immer wieder die Grundlagen ihrer Politik verschleiern, wie hier geschehen. Die aus dem Bericht entfernten Bedrohungslagen werden schließlich von der Bevölkerung wahrgenommen. Und man versucht vorzugaukeln, dass das, was für immer mehr Menschen zu Lebenslagen der Bedrängnis führt, eigentlich gar nicht existiert oder zumindest so schlimm nicht sei. Womöglich sind solche Verschleierungstaktiken auch eine Form des Populismus, eine, die sich ungeschickt tarnt.
Wer arm ist, zählt wenig, Deutschlandradio Kultur 12.4.17

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Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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