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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Meditation lässt Menschen nicht automatisch reifen

Viele Studien zeigen, dass Meditation und Achtsamkeit das Wohlbefinden fördern, Stress reduzieren und insgesamt die Lebensqualität verbessern können. Sie macht uns aber nicht automatisch auch zu besseren Menschen, wie eine Übersichtsstudie von Wissenschaftlern aus Europa und Neuseeland nun nahe legt. Die Forscher analysierten anhand von 20 Studien die Wirkung verschiedener Arten der Meditation auf prosoziale Gefühle und Verhaltensweisen. Dabei zeigte sich, dass Meditierende sich etwas barmherziger und empathischer fühlen als Menschen, die solche Methoden nicht praktizieren. Auf Vorurteile oder Aggressionen wie auch das soziale Verhalten hatte die Achtsamkeitspraxis der Auswertung zufolge jedoch so gut wie keinen Einfluss. Ich finde diese Studie deshalb interessant, weil sie die Frage aufwirft, wie bedeutsam die Rahmenbedingungen unter denen Menschen meditieren, sein könnten. Die Studien nutzen säkulare Achtsamkeitsmethoden und MBSR, die heute gerne als weltanschaulich neutrale "Techniken" vermittelt werden. Damit schaffen sie Kontexte ohne Entwicklungsrichtung. Das ReSource-Projekt der Neurowissenschaftlerin Tania Singer beispielsweise richtet das Augenmerk darauf, dass verschiedene Meditationsmethoden auch unterschiedliche Wirkungen bei den Übenden hervorrufen. Auch ihre Befunde zeigen, dass Achtsamkeitsmeditation nicht unser soziales Verhalten verändert, wohl aber Mitgefühlsmeditation, wenn sie zum Beispiel von achtsamen Dialogen zwischen den Übenden begleitet wird. Mit dem gegenwärtigen Meditations-Boom steht damit auch die Frage im Raum, was Menschen durch das Meditieren "erreichen" möchten - oder, treffender ausgedrückt, welcher inneren Ethik sie beim Meditieren folgen. Achtsamkeit kann ganz selbstbezogen dazu genutzt werden, im Beruf leistungsfähiger zu sein. Ein besseres Miteinander in Teams erwächst dadurch nicht. Doch wenn die Möglichkeit tieferer Verbundenheit - mit anderen Menschen und dem Leben selbst - Teil des Meditationssettings wird, sehen die Wirkungen womöglich ganz anders aus.
Meditation: Studie widerlegt Hoffnung auf ein besseres Selbst, Ärzteblatt 5.2.18

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