Gestresst sein ist längst nicht mehr nur ein gesundheitliches Warnsignal. In der Hochleistungskultur der Gegenwart wird es auch zum Statussymbol oder Überlebensmechanismus, je nachdem, von welcher Seite man schaut. Die Werbeagentur Havas Worldwide befragte mehr als 10.000 Menschen in 28 Ländern. Dabei zeigte sich, dass immer mehr Leute sich gestresster geben, als sie eigentlich sind. Geschäftigkeit auszustrahlen scheint in Zeiten der Überwachbarkeit und ständigen Erreichbarkeit zur Notwendigkeit zu werden. "In unserer Gesellschaft sind wir extrem auf Leistung gepolt, da dürfen Angestellte natürlich niemals durchleuchten lassen, dass sie nicht 180 Prozent Gas geben. Wenn diese Menschen dann auch noch das Damokles-Schwert des drohenden Jobverlusts über sich spüren, dann geben sie schon aus reinem Selbstschutz vor, mehr zu tun, als sie wirklich leisten. Das hat mit Faulheit nichts zu tun, sondern damit, dass Menschen an ihre Grenzen getrieben werden und ihnen nichts anderes mehr übrig bleibt", kommentiert Zeitmanagement-Coach Cordula Nussbaum in der SZ diesen perversen Trend. Wo früher Müßiggang gesellschaftlich als Musezeit akzeptiert war, wird er heute als überflüssig betrachtet. Laut Nussbaum eine besorgniserregende Entwicklung: "Wir brauchen Phasen, in denen wir Gedanken nachhängen können. Erholte Mitarbeiter sind um vieles produktiver als gestresste. Wenn Top-Führungskräfte behaupten, sie kämen mit vier Stunden Schlaf aus, dann verschweigen sie dabei, dass ihre Gehirnleistung der eines Menschen mit zwei Promille entspricht."
Angst vor der Überflüssigkeit, SZ 30.9.15
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