Gott hilft der Moral
Lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass Religionen, die klare moralische Konzepte entwickelten oder moralisierende Gottheiten haben, wesentlich zum Aufbau komplexer Hochkulturen beigetragen haben. Eine neue britische Studie zeigt nun, dass es sich genau umgekehrt verhält. In Gesellschaften, die immer komplexer wurden, etablierten sich mit der Zeit göttlich begründete Moralinstanzen, womöglich, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Die Wissenschaftler fanden diesen zeitlichen heraus, indem sie historische Daten für 414 Gesellschaften in 30 verschiedenen Regionen der Erde auswerteten. Die moralisierenden Religionen entwickelten sich zumeist dann, wenn in einer Kultur die Schwelle zur Megagesellschaft mit mehr als einer Million Menschen überschritten wurde. Der Glaube an strafende Götter und religiöse Moralkodizes scheinen es diesen Gesellschaften erleichtert zu haben, den inneren Zusammenhalt zu wahren. Vielleicht erklärt das ja auch, warum man in der heutigen Zeit leicht den Eindruck gewinnt, unsere Moral werde immer poröser. Wo Glaube keine Selbstverständlichkeit mehr ist und im Zuge des Individualismus jeder seine eigenen Regeln macht, driftet dieser Zusammenhalt wieder auseinander.
Brachten moralische Götter die Kulturen voran? wissenschaft.de 20.3.19