"Das ganze System basiert auf Ausbeutung – Ausbeutung von Menschen und von Natur. Kaum etwas im Kapitalismus ist nachhaltig, auch wenn das ein neues Modewort ist. Selbst aus Subkulturen und Kapitalismuskritik entstehen noch neue Produkte", beklagt der Philosoph Patrick Spät in einem Interview mit der Zeit. Es scheint, als wären wir gefangen. Wissenschaftler und Aktivisten überbieten sich mit klugen Analysen, was am System falsch ist, nicht funktioniert - und organisieren Proteste. Doch irgendwie scheinen wir gefangen in diesem System, das sich selbst erhält, gleich was wir tun. "Krisen sind ja auch ein Geschäftsmodell, seit 2008 hat die Anzahl der Millionäre weltweit rapide zugenommen. Es gehört zu den Wesensmerkmalen des Kapitalismus, immer neue Verwertungspotentiale zu finden. Oder alte Verwertungspotentiale wieder zu nutzen – oft mit wahnsinnigen Renditen. Nach der Krise 2008 etwa hat eine Rückbesinnung auf reale Güter stattgefunden. Seither nehmen Land- und Watergrabbing weltweit stark zu", beschreibt Spät. Es scheint, als könnten wir keinen Schritt tun, der uns über die Grenze des Bestehenden hinausführt. Im Gegenteil: Viele Vorstöße lassen das, wogegen sie sich richten, sogar hochkochen. Arbeiter demonstrieren? Mal schauen, welche Jobs ohnehin von Robotern gemacht werden können ... Doch wie überwindet man ein System, in dem wachsende Vermögensungleichheit und damit Machtkonzentration den Normalzustand darstellen? Wir leben in einer Zeit, in der wir schmerzlich feststellen, dass das Erkennen von Problemen nicht unbedingt auch Lösungen hervorbringt. Im Gegenteil. Der Mindestlohn beispielsweise kommt scheinbar denen, die zu wenig haben, zugute, doch unterstützt er die Konsumstrukturen, die den äußeren Rahmen für die Ungleichheiten, die überwunden werden sollen, schaffen. Vielleicht sitzt der Schmerz über all die Sackgassen, die dieses System für so viele bereit hält, noch nicht tief genug. Vielleicht schmerzt es einfach noch nicht genug, dass wir immer wieder an diese Grenzen stoßen. Wie wäre es, wenn wir einfach nicht mehr mitspielen? Nicht als Lösung, als Versuch herauszufinden, was dann geschehen kann ...
"Das Bedingungslose Grundeinkommen wird uns nicht retten", Zeit online 29.7.16
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