Führen am Bildschirm fordert heraus
Viele Führungskräfte sind mit Pandemie und Home Office in einer neuen Situation, denn jene, die sie führen, begegnen ihnen heute oft vor allem in Form von kleinen Bildchen auf dem Bildschirm. Für viele Führende sei dies eine "Verlusterfahrung", so Jürgen Weibler, Professor für Personalführung: "Denn das, was das Soziale im Kern ausmacht, lässt sich digital nicht erzielen: eine intensiv erlebte Form der Kommunikation, des Austausches und der Nähe." Für Weibler wird durch die Bildschirmerfahrung spürbar, welche Aspekte in das Führen hineinwirken: "Wir vergessen sehr oft, dass im Führungsbereich natürlich die Worte wichtig sind, aber auch sehr stark die Frage, wie ich auf andere als Person körperlich wirke, also mit der Körperspannung oder mit der Stimmlage. In Präsenz bekommt vieles dadurch eine andere Nuancierung und Qualität." Um etwas Atmosphäre zu schaffen und den Rückzug ins Schweigen zu vermeiden, rät Weibler dazu, die Anwesenden sehr direkt einzubeziehen. Die Distanz von Online-Meetings habe übrigens manchmal auch Vorteile: "Dort, wo ich eine Führungsbeziehung habe, in der ich am liebsten nicht wäre, der ich am liebsten aus dem Weg gehen würde – da bietet das Virtuelle gewisse Chancen, mein Wohlbefinden zu fördern, und ich glaube auch, dass gewisse toxische Führungskräfte, die im Alltag den einen oder die andere drangsalieren, nicht so viel Spielraum haben."
Das große Schweigen in der Zoom-Konferenz, FAZ 10.3.21