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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Entspannung und Happiness auf Knopfdruck

Wer keine Lust hat, lange zu meditieren, kann inzwischen auch mit technischer Unterstützung abtauchen in die Entspannung. Mit "Thync" ist ein neues Gadget auf dem Markt, mit dem man, gesteuert von einer App, das Gehirn stimulieren kann. Ein Strip, der im Nacken angebracht wird, überträgt dabei elektrische Ströme, die im Gehirn dann Zustände der Entspannung oder Happiness erzeugen sollen. "Es passt zum On-Demand-Zeitalter, in dem alles von Film über Essen bis zu Sexpartnern verfügbar sein kann, dass jetzt selbst die Stimmung bei Bedarf feingetuned wird, auch wenn die ja eigentlich etwas exklusiv Individuelles ist. Mit 'Thync' wird nicht nur ein High, sondern auch die Utopie der Veränderung des Selbst verkauft. Eigentlich also ziemlich attraktiv", heißt es in der Welt. Als Meditierende sehe ich solche Vorstöße en wenig kritisch, weil ich weiß, dass die innere Weitung, die sich beim Meditieren über längere Zeiträume einstellt, nicht einfach ein Zustand ist, den man immer wieder aufruft. In meiner eigenen Erfahrung trägt der Akt des regelmäßigen Sitzens, das sich Konfrontieren mit inneren Widerständen und das darüber hinauswachsen nicht unwesentlich dazu bei, dass Meditation zu innerem Wachstum führen kann. Es ist vielleicht einfach die menschliche Kapazität, mit Herausforderungen umzugehen, die sich hier entwickelt. Ob man diese Kapazität auch im Hirn messen kann, weiß ich nicht, aber an ihr ist sicherlich mehr beteiligt als nur die Aktivierung bestimmter Hirnregionen. Andererseits kann ich mir auch sehr gut vorstellen, dass Tools wie "Thync" eine Art Initialzündung geben können. Wenn das Hirn auf einer Frequenz schwingt, das den Menschen sich in einem geweiteten Zustand erfahren lässt, kann diese Offenheit zum Nährboden werden für weitere Entwicklung. Die Frage ist vielleicht auch: Nutze ich so etwas einfach, um mich besser zu fühlen? Dann bleibe ich in meinem kleinen Ich und versuche eben, es zu verbessern. Die Kraft der Meditation erwächst jedoch aus einem ganz anderen Referenzpunkt, nämlich der Erfahrung, dass ich vielleicht viel mehr bin als dieses kleine, abgetrennte Ich. Und diese Erfahrung allein hat keinen Wert für sich - sie wird dann wertvoll, wenn daraus etwas erwächst.
Das digitale High, Die Welt 12.6.16

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Buch-Tipps
Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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