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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Die Selbstbezüglichkeitsfalle des Achtsamkeits-Trends

Das Zeit-Magazin nimmt in einem Beitrag den gegenwärtigen Achtsamkeits-Trend aufs Korn. Zwar ist der Artikel in teils sehr zynisch-überheblichem Tonfall verfasst, doch trifft er einen wunden Punkt der scheinbar immer mehr um sich greifenden Neigung zur Selbsterforschung und -verbesserung. Meditations-Lehrer, die im Kontext einer spirituellen Tradition der Weltreligionen Achtsamkeit praktizieren, warnen schon länger davor, dass in einer modernen Kultur des extremen Individualismus Meditation womöglich unter kontraproduktiven Vorzeichen geübt wird. Viele Menschen möchten einfach weniger gestresst sein und sich ein bisschen besser fühlen. Das ist legitim und wünschenswert. Doch wer sich aus diesem Ichbezug heraus versucht, etwas Gutes zu tun, übersieht dabei leicht etwas Wesentliches. In den großen spirituellen Traditionen liegt die Befreiung von den Bedrängnissen des Alltags gerade darin, zunächst einmal dieses Ich durchlässiger werden zu lassen, diesen oft unsere gesamte Wahrnehmung umfassenden Selbstbezug loszulassen. Wer in einem Moment des inneren Aufbrechens diese Grenze des Ichs schon einmal durchbrochen hat, mag ahnen, wie anders unser Dasein in der Welt sein kann verglichen mit unserer ganz alltäglichen Selbstwahrnehmung. Ist uns dieser mögliche Unterschied indes nicht bewusst, kann das Streben nach Achtsamkeit zu einer Manie werden, die uns nur noch stärker um uns selbst kreisen lässt. Wie das aussieht, beschreibt der Zeit-Artikel auf die Spitze getrieben (und in gewisser Weise aus eben dieser Perspektive heraus). Dankenswerterweise endet der Beitrag allerdings mit dem Hinweis auf die mögliche Tiefendimension, zu der wir in unserem Menschsein durch praktizierte Achtsamkeit wieder Zugang erreichen können. In der Metta-Meditation beispielsweise belässt man es nicht dabei, sich selbst innerlich ein gutes Leben zu wünschen. Man dehnt diesen Wunsch im Zuge der Praxis aus auf einem Nahestehende, auf Menschen, die mang nicht mag, bis hin zu allen Lebewesen. "Dass das tatsächlich wirkt, hat eine Langzeitstudie des Leipziger Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften erwiesen: Die Metta-Meditation kann, so die Ergebnisse, die Aktivität von Gehirnregionen verstärken, die mit positiven Emotionen und Zugehörigkeitsgefühlen assoziiert sind. Aber eben nur dann, wenn man die Ebene des Ichs verlässt und sich ins Wir hineinbegibt", so die Schlussfolgerung des Artikels.
Und, wie fühlst du dich dabei? Zeit Magazin 30.3.18

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Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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