think.work.different

Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
Impressum / Datenschutz

Die Schattenseite der Positiven Psychologie

Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied, weiß der Volksmund. Die so genannte Positive Psychologie befeuert diesen Gedankengang. Unzählige Selbsthilfebücher weisen uns den Weg in ein glücklicheres Leben. Doch geht es hier längst nicht allein um unser privates Wohlergehen. Eher um ein Politikum. Das meint zumindest die Soziologin Eva Illouz. In einem Interview mit der NZZ deutet sie darauf, wie diese Fokussierung auf das Positive und die Betonung von Selbstverantwortlichkeit uns aus größeren Zusammenhängen herauslösen und anfällig machen für Manipulation. "Viele Arbeitgeber nutzen Methoden der Positiven Psychologie. Es ist ein effektiver Weg, um Leute zu kontrollieren und sie produktiver zu machen. Wenn die Leute für sich selbst und für alles verantwortlich gemacht werden, gibt es keinen Grund, warum sie bessere Arbeitsbedingungen fordern sollten", erklärt sie. Ähnlich kritisch sieht sie die sich wandelnde Rolle des Staates in diesem Spiel, denn privatisierte Glücksverantwortlichkeit führe da leicht in eine Selbstisolation: "Der Staat spielt nicht länger die Schlüsselrolle, indem er die Bürger befähigt, ihr Glück zu suchen, wie es in der amerikanischen Verfassung steht, sondern die Bürger müssen das allein tun, wie wenn kein Kontext und keine Institutionen existieren würden. Dieser Ansatz ist sehr erfolgreich und beeinflusst auch die Politik." Hinzu komme, dass der inhärente Zwang zum positiven Denken auch in eine seelische Abwärtsspirale münden könne: "An der Positiven Psychologie kritisiere ich, dass sie dazu führt, dass man sich für negative Gefühle schämt. Depression, Wut und Angst werden zu Gefühlen von Verlierern. Den Leuten wird vermittelt: Wenn ihr verletzt werdet, stimmt etwas nicht mit euch. Ihr müsst die Bedingungen eurer mentalen Gesundheit selbst schaffen. Glückspsychologie schafft ein neues Erfolgsmodell, das von der Fähigkeit zu positivem Denken abhängt." Interessant am Gesamtbild ist, wie man hier sehen kann, dass die positiven Seiten der Individualisierung so leicht in ihr Gegenteil kippen können.
"Glück ist ein Statussymbol geworden", NZZ 25.10.19

Stacks Image 3
Stacks Image 3
Buch-Tipps
Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

Anzeige

evolve - Magazin für Bewusstsein und Kultur, Ausgabe Februar bis April 2023 mit dem Thema Re-Generation - Anfänge einer neuen Kultur

Anzeige