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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Das Unangenehme anerkennen

Resilienz ist unter den Vorzeichen der Pandemie zu einem besonderen Thema geworden, denn wir alle erleben seit Monaten, wie unsere gewohnten Lebenswelten einem rapiden Wandel unterworfen sind oder sogar in Teilen zusammenbrechen. Ein so großes und umfassendes Ereignis wie Corona lässt uns dabei leicht vergessen, dass wir eigentlich ständig mit Situationen konfrontiert sind, die uns zutiefst herausfordern oder auch schmerzen - und dass wir die meisten davon in ihren Auswirkungen durchaus über die Zeit in unser Leben integrieren können, ohne dauerhaft daran zu leiden. Der Psychologe Werner Greve hat in einem Buch dokumentiert, wie Menschen mit solchen Wendepunkten im Leben umgehen. Ihm ist dabei aufgefallen, dass wir eine Art innere Elastizität mitzubringen scheinen, die es uns ermöglicht, in unserem Leben eine sinnhafte Kontinuität zu entfalten. "Dass wir es schaffen, das Erlebte nicht vergessen oder verdrängen zu müssen. Und es trotzdem so einordnen, dass das Leben seinen Sinn entweder wiedergewinnt oder gar nicht erst verliert. Ich vergleiche das immer mit einem großen Baugerüst, das uns stützt und das wir umbauen müssen. Im ersten Moment denken wir: Jetzt ist das Leben zu Ende. Und dann müssen wir das Baugerüst Stück für Stück verändern. Wenn wir alle Stangen auf einmal umstecken würden, dann ginge das Gerüst kaputt. Aber wir können hier eine Stange umstecken und dort und nach einer längeren Umbauzeit steht kein Stück mehr da, wo es einmal gestanden hat", so Greve. Damit dies gelingen kann, sei es wichtig, einerseits das Schmerzhafte eines Erlebnisses anzuerkennen, aber auch verschiedene Blickwinkel einzunehmen: "Ich glaube, dass nichts an sich gut oder schlecht ist. Alles hat immer ganz viele Seiten, es hängt sehr von der Perspektive ab, und die Bewertung ist eben elastisch. Je mehr Perspektiven ich finde, desto gerechter werde ich - der Person, dem Ereignis, der Erfahrung, dem, was mir da wiederfahren ist. Und dann ist die Aufgabe natürlich auch, das Unangenehme nicht zu bestreiten." Für mich klingt da eine Unvoreingenommenheit mit, mit dem zu sein, was gerade tatsächlich ist. Und gleichzeitig offen zu bleiben für das, was sich daraus entwickeln kann. Das fällt nicht immer leicht, denn natürlich haben wir immer gewisse Wünsche an das Leben. Doch wenn diese enttäuscht werden, heißt das ja nicht, dass damit schon das letzte Wort gesprochen ist. Aus allem kann sich etwas entwickeln. Und vielleicht braucht es hier auch einfach unsere Neugier, dem Leben ein Stück weit seinen Lauf zu lassen und uns ihm hinzugeben.
„Wieder lachen lernen“, Psychologie heute 9.9.20

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Buch-Tipps
Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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evolve - Magazin für Bewusstsein und Kultur, Ausgabe Februar bis April 2023 mit dem Thema Re-Generation - Anfänge einer neuen Kultur

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