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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Corona zeigt uns, wer wir sind

Unsere Reaktionen (oder auch Nicht-Reaktionen) auf die Zumutungen der Pandemie sind in ihrer ganz eigenen Weise auch ein Spiegel, wo das Menschsein in der modernen Welt gerade steht. Sie zeigen uns, was uns wichtig ist, was wir verteidigen, und auch, was uns gleichgültig ist. Der Psychoanalytiker Hans Jürgen Wirth erklärt gegenüber dem Spiegel die psychischen Kontext, in dem sich unser Ringen mit den gegenwärtigen Herausforderungen abspielt. Das Tragen der Masken beispielsweise wird in seiner Wahrnehmung vom autonomen Ich als Zumutung erfahren, weil es den individuellen Selbstausdruck einschränke und uns alle optisch gleich mache. Das, was gegenwärtig gerne als Pandemiemüdigkeit beschrieben werde, sei auch ein Zeichen für ein Zurückweichen vor der Komplexität und den Widersprüchlichkeiten der Krise. In mir hat der Spiegel-Beitrag noch einmal viel mehr die Wahrnehmung dafür sensibilisiert, wie hilflos wir werden, wenn unsere üblichen Identifikationsräume sich auflösen. Unsere Reaktionen analytisch zu deuten, ist eine Sache. Eine andere wäre es, mehr danach zu fragen, warum uns anscheinend kaum konstruktive neue Verhaltensmuster einfallen, warum wir anscheinend recht wenig innere Stärke entwickeln. Als die Pandemie begann, habe ich, wie manch anderer wohl auch, mal wieder Camus' Pest zur Hand genommen. Sein Psychogramm erscheint nun aktueller denn je. Camus beschreibt, wie lang die Phase von Verleugnung, innerem Widerstand und auch Rückzug anhalten kann, bevor wir bereit sind, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen. Und anscheinend sind wir nun, wo die "zweite Welle" begonnen hat, immer noch nicht ganz in der Realität angekommen. Einer Realität, die uns vor Augen hält, dass die Zeit der Beschränkung wohl noch sehr lange anhalten wird. Aber erst dieses Anerkennen ist es, das uns wirklich ankommen lässt bei dem, was ist. Und nur wenn uns dies gelingt, können wir vielleicht auch neue Handlungsmuster entwickeln, jenseits von Trotz oder übersteigerten Ängsten.
Warum wir so undiszipliniert sind, spiegel.de 20.10.20

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Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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