Wir brauchen soziale Innovationen
Im Interview mit der Wirtschaftswoche erklärt Zukunftsforscher Matthias Horx, warum die westliche Welt einer falschen Vorstellung von Innovation huldigt und wie sie damit baden geht. Horx kritisiert eine Dekadenz der Innovationskultur, die sich auf rein technologische Lösungen versteife und dabei übersehe, dass gerade graduelle und nicht zuletzt soziale Prozesse zu langfristigen Verbesserungen führen: "Wir brauchen aber nicht so sehr immer neue Produktideen. Wir brauchen soziale Innovationen in allen Bereichen der Gesellschaft – Bildung, Gesundheit, Politik. Wir brauchen neue Rückkopplungssysteme." Der Zukunftsforscher plädiert für ein "soziales System, das auf Aktivierung setzt" und bemängelt, dass sich beispielsweise das Gesundheitssystem auf Krankheit fokussiere anstatt Wege zu besserer Gesundheit auszuloten. "Wirkliche Innovationen sind Sozio-Techniken", ist Horx überzeugt und fühlt sich von den Erfolgen von Firmen wie Apple, Google oder Facebook bestätigt. Diese arbeiteten zwar mit technologischen Verbesserungen, konzentrierten sich aber inhaltlich auf soziale Momente wie Freundschaft oder Orientierung. Zentraler Hemmschuh für eine innovativere Wirtschaft ist laut Horx einseitiges Profitdenken: "Die meisten Unternehmen aber wollen mit ihren so genannten Innovationen ja gar keine Probleme lösen, sondern Geld verdienen."
"Wir sind zu dekadent geworden", WiWo 18.11.10