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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Wie Spiritualität von der Welt trennen kann

Seit Monaten wird darüber diskutiert und untersucht, wie sich spirituelle Haltungen auf den Umgang mit der Pandemie auswirken. Auf der ganz praktischen Ebene zeigen viele Studien, dass Meditation natürlich dabei helfen kann, mit all den Krisenerfahrungen besser zurechtzukommen. Doch wie sieht es mit dem Geist aus, mit dem Denken? Die Deutsche Welle hat in einem Beitrag verschiedene Studien betrachtet, die teils unschöne Nebenwirkungen spiritueller Bezüge veranschaulichen. So zitiert der Artikel eine deutsche Studie, die zeigt, dass Meditation und Achtsamkeit bisweilen so sehr das Ego stärken, dass Praktizierende ungesunde Überlegenheitsgefühle entwickeln. Der Beitrag zitiert den amerikanischen Psychologen Scott Barry Kaufman beispielsweise mit der Einschätzung: "Spirituelle Praktiken können das narzisstische Selbst aufbauen, also das Anspruchsdenken und das Gefühl fördern, etwas Besonderes zu sein." Gerade dieses Besonders-Sein kann im Umgang mit der Pandemie und bei der Einschätzung der Lage leicht zur Falle werden. Denn wer sich anderen überlegen fühlt, hat natürlich auch eine Neigung zu glauben, in vielem Recht zu haben. Und wenn er über Verschwörungstheorien stolpert und sich zu eigen macht, werden diese dann leicht zur Wahrheit schlechthin stilisiert. Die Sozialpsychologin Clara Schliessler warnt deshalb in dem DW-Beitrag: "Narzissmus ist ein eine Art Scharnier, wenn es um Esoterik und Verschwörungsideologen geht." Ist das ein Indiz dafür, dass spirituelle Perspektiven unsere Weltwahrnehmung verzerren? Nicht unbedingt, denn letztlich kommt es auch darauf an, in welchen Kontexten wir einerseits spirituelle Erfahrungen machen und andererseits dem Leben begegnen. In Umfeldern, in denen Selbstherrlichkeit gefördert wird, mag es nahe liegen, dass sich ein Spirit des Verschwörungsdenken einstellt. Doch in Kontexten, in denen eine "reife" Spiritualität praktiziert wird, die sich weniger auf rein persönliche Erfahrungen und mehr auf ein Miteinander in gemeinschaftlichen, andere Menschen einschließenden Beziehungen erstrecken, sind solche Folgen weit weniger zwangsläufig. Hier kann spirituelle Erfahrung sogar dazu beizutragen, neue Sinnräume zu erschließen, die unangenehme Wahrheiten nicht ausblenden, sondern es erleichtern, sich ihnen gemeinsam zu stellen.
Corona: Esoterik als Türöffner für Verschwörungstheorien, Deutsche Welle 30.12.2021

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Buch-Tipps
Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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