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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Vor der Krise steht der Optimismus

Die amerikanische Bestseller-Autorin Barbara Ehrenreich geht in einem Beitrag für die Wirtschaftswoche mit ihren Landsleuten hart ins Gericht. Ihre These: Mit ihrem überbordenden Optimismus übertreiben die Amerikaner nicht nur, sondern eine falsch verstandene positive Grundhaltung kann auch Krisen fördern. Der Wunsch, auch im Negativen noch einen positiven Kern zu sehen, treibt laut Ehrenreich bizarre Blüten: "In der amerikanischen Kultur hat sich jedoch auch die weitaus weniger rationale Theorie verbreitet, dass unsere Gedanken die materielle Welt auf mysteriöse Weise unmittelbar beeinflussen können. Negative Gedanken führen irgendwie zu einem negativen Ergebnis, positive Gedanken hingegen realisieren sich in Form von Gesundheit, Wohlstand und Erfolg." Überspitzt formuliert ist es diese Grundhaltung, die mit zu den Auslösern der Wirtschaftskrise gehört. So glaubt beispielsweise die Mehrheit der Amerikaner, sie werde in Zukunft mehr als das Durchschnittseinkommen zur Verfügung haben, obwohl das mathematisch unmöglich ist. "Gewiss hat zur waghalsigen Akkumulation von nicht rückzahlbaren Schulden und Risikokrediten der nahezu einmütige Optimismus der Experten beigetragen, aber den gleichen Anteil daran hatte auch die ständige überdrehte Euphorie vieler normaler Amerikaner. Unsere Bereitschaft, uns hoch zu verschulden und weiterhin Geld auszugeben, ist aufs Engste mit unserem Optimismus verknüpft. Und die Ideologie des positiven Denkens goss eifrig Öl in das Feuer dieses Optimismus und der dazugehörigen Anspruchshaltung", so Ehrenreich. Die Sozialkritikerin setzt dem überbordenden Optimismus, der positiv mit gut gleichsetzt, einen realistischen Blick entgegen: "Die Alternative zum positiven Denken ist nicht Verzweiflung. Negatives Denken kann genauso realitätsfremd sein wie positives. In beiden Fällen besteht eine Unfähigkeit, Gefühl und Wahrnehmung voneinander zu trennen, und die Einbildung wird zur Realität, wegen des damit verbundenen 'guten Gefühls'. Die Alternative zu beidem besteht darin, dass wir aus uns heraustreten und die Dinge so sehen, 'wie sie sind', also möglichst wenig gefärbt durch unsere Gefühle und Fantasien. Dann erkennen wir, dass die Welt voller Möglichkeiten und voller Gefahren ist, dass wir zugleich die Chance großen Glücks und die Gewissheit des Todes haben."
Die Diktatur des positiven Denkens, WiWo 22.8.10

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Buch-Tipps
Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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