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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Ist Achtsamkeit die Spiritualität des Kapitalismus?

Der Achtsamkeits-Hype scheint an der Schwelle zu stehen, in einen Backlash zu kippen. Kürzlich titelte die NZZ "Fake-Spiritualität: Wie digitale Wanderprediger uns veräppeln" und trug in einem Artikel eine Vielzahl von Beispielen zusammen, wie auf Youtube oder in diversen Meditations-Apps nicht nur die tollsten Heilsversprechen gemacht, sondern so auch Naivität und Narzissmus gefördert werden. Damit hat der Artikel nicht unrecht. Allerdings werden in dem Beitrag im Anschluss an die zu Recht als haarsträubend etikettierten Beispiele auch Betrachtungen zu den Erkenntnissen der Meditationsforschung durch diesen Fake-Filter gejagt. So pickt der Beitrag nur Meta-Studien heraus, die vergleichsweise geringe Wirkungen von Meditation feststellen. Dass manche Interventionen in der Depressions-Therapie hingegen mindestens genau so gut wirken wie Psychopharmaka, fällt unter den Tisch (wenngleich man hier auch darauf verweisen kann, dass Psychopharmaka nicht das Allheilmittel sind). Man spürt - hier beginnt das Achtsamkeits-Bashing, vielleicht auch, weil viele Anbieter weniger Ahnung von Meditation als vom Geschäft haben. Der Artikel zitiert auch Ronald Purser, Professor an der San Francisco State University, der seinem neuen Buch "McMindfulness" den Untertitel "Wie Achtsamkeit zur neuen kapitalistischen Spiritualität wurde" mit auf den Weg gab. Und in der Tat ist es wohl vor allem das wachsende Bedürfnis nach Selbstoptimierung, das eben auch immer mehr entsprechende Angebote nach sich zieht. "Meditation ist, seinen Atem und seine Gedanken zu beobachten, ein Mantra zu wiederholen, sich auf Objekte zu konzentrieren, Gefühle zu beeinflussen versuchen, die Liebe zu Gott pflegen, sich zu öffnen. So beschreibt es der Meditationsforscher Peter Sedlmeier von der Technischen Universität Chemnitz. Im Netz aber ist eine andere Praktik beliebt: sich etwas einreden lassen", so die Schlussfolgerung des Artikels. Vielleicht sollten wir einfach mal mit dem "sich öffnen" beginnen, um wieder ein bisschen klarer zu werden.
Fake-Spiritualität: Wie digitale Wanderprediger uns veräppeln, NZZ 23.11.19

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