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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Inflation und die Angst vor Kontrollverlust

Die wachsende Sorge vor der Inflation ist kein rein monetäres Phänomen. Im Interview mit Psychologie heute erklärt der Psychoanalytiker Jakob Müller, welche emotionalen Befindlichkeiten in der gegenwärtigen Krise virulent werden. Eine wesentliche ist sicherlich die Sorge vor Kontrollverlust. "Die Frage lautet, was kann ich mit Geld herstellen? An erster Stelle ist das Sicherheit, indem ich beispielsweise Geld spare. Ich will meine Lebensgrundlage so sichern, dass ich auch in Zukunft Sicherheit habe, auch für meine Kinder. Die Inflation greift dieses Sicherheitsgefühl an, es wird deutlich, dass es für die Zukunft keine Sicherheit gibt. Inflation löst eine Urangst aus, dass diese Sicherheit, diese Kontrolle über das Leben verloren geht", so Müller. Gerade den Deutschen konstatiert der Analytiker ein kulturell vermitteltes hohes Sicherheitsbedürfnis, wenn es ums Geld geht. Die historische Erfahrung der Hyperinflation von 1923 wie auch die Währungsreform von 1948 prägen die Wahrnehmungskontexte und das selbst bei Menschen, die diese Krisen nicht miterlebt haben. Ein Wunder Punkt sei, dass dieses Trauma über die Generationen weitergegeben werde, aber man nicht wirklich darüber spreche. "Worüber man spricht, dazu kann man sich verhalten. Die unausgesprochenen emotionalen Prozesse und die daraus resultierende Atmosphäre, die kommen wie Tatsachen daher, mit denen wir aufwachsen, die wir erst einmal gar nicht hinterfragen. Es herrscht zum Beispiel ein Klima von Angst in Bezug auf Geld, man will das nicht hergeben, hat Angst, dass irgend jemand einem etwas wegnehmen könnte. Diese emotionale Grundstimmung kann sehr prägend sein und ist ganz schwer abzustellen", erklärt Müller. Er rät dazu, die persönliche Beziehung zu Geld gerade in dieser Zeit zu überdenken, sich begründete Sorgen und womöglich auch übertriebene Ängste bewusster zu machen. Ein anderer Befreiungsschlag könne sein, die eigenen Vorstellungen von Verzicht zu überdenken, denn dieser könne immer auch eine Befreiung mit sich bringen: "Im Verzicht steckt ein Stück eigener Wille drin, ein Stück Freiheit. Verzicht heißt, dass ich mich von etwas lösen kann, etwas von mir abstoßen kann, wenn auch manchmal erst unter Druck. Verzicht kann auch eine Chance sein, dass man versucht, sich von bestimmten Dingen freizumachen."
"Unser Selbstwert ist an materielle Werte gekoppelt", Psychologie heute 24.6.2022

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Buch-Tipps
Meine beiden Bücher, die ich mit Paul J. Kohtes geschrieben habe.

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