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Mindfulness und eine neue Bewusstseins-Kultur in Alltag und Business

© Dr. Nadja Rosmann 2024
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Ende gut, heißt nicht immer alles gut

Wir neigen dazu, Erfahrungen, die wir einmal gemacht haben, zur Entscheidungsgrundlage für neue Handlungen zu machen. Doch manchmal trügt uns unsere Erinnerung. Eine Studie aus Cambridge zeigt nun, dass viele Menschen dazu neigen, wenn eine Situation gut geendet hat, ihren eigentlichen Verlauf auszublenden und damit wesentliche Entwicklungen zu ignorieren. Im Experiment wurden Probanden zwei Töpfe mit Münzen gezeigt, wobei sie jeweils mehrere Ausschnitte aus dem Topfinhalt zu sehen bekamen - mal standen die großen, wertvolleren Münzen im Vordergrund, mal eher kleinere mit geringerem Wert. Am Ende der Sequenzen sollten sich die Teilnehmenden entscheiden, in welchem Topf mehr Geld ist. Dabei zeigte sich: Bekamen die Probanden gegen Ende einer Sequenz mehr große Münzen zu sehen, entschieden sie sich öfter für diesen Topf, obwohl in ihm weniger Geld war. Sie gewichteten also das Ende ihrer Wahrnehmungserfahrung stärker als den Gesamteindruck. Die Wissenschaftler untersuchten während der Entscheidungsfindung im Hirnscanner, wie die Probanden die Informationen verarbeiteten. Dabei wurde deutlich, dass die Gesamtsituation vor allem in der Amygdala verarbeitet wird, die für emotionale Bewertungen zuständig ist. Das Ende einer Situation hingegen wird von der vorderen Insula verarbeitet, die für Sinneswahrnehmungen relevant ist. Probanden, bei denen die Prozesse in der Amygdala stärker ausgeprägt waren, entschieden sich häufiger für den wertvolleren Topf, weil sie die Gesamtsituation in der Wahrnehmung behielten. Die Erkenntnisse über die beteiligten Hirnregionen widersprechen anderen Studien, die davon ausgehen, dass Prozesse der Amygdala rationalen Entscheidungen eher im Wege stehen, weil es sich um einen primitiveren Teil des Gehirns handelt. Vielleicht ist es aber auch so, dass unsere Emotionen durchaus zuverlässig sind bei der Urteilsbildung - wenn wir eben alle Emotionen berücksichtigen, also nicht nur die, die wir haben, wenn etwas zu einem guten Ende kommt. Auf jeden Fall laden die Erkenntnisse dieser Studie dazu ein, im Alltag wacher zu sein und Situationen im Detail zu betrachten und nicht nur die Ausschnitte, die unsere positiven Erwartungen erfüllen.
Warum ein Happy End täuschen kann, wissenschaft.de 20.10.20

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